26. September 2015

Konzerthausorchester Berlin – Andrey Boreyko.
Konzerthaus Berlin.

20:00 Uhr, 1. Rang links, Reihe 1, Platz 28



Max Bruch – Violinkonzert Nr. 1 g-Moll op. 26 (Vadim Gluzman)

Zugabe: Max Bruch – Romanze für Viola und Orchester op. 85

(Pause)

Gustav Mahler – Sinfonie Nr. 5 cis-Moll



Das war ein ganz nettes, ausgedehntes Geburtstagsständchen, welches mir hier im mich feierlich umgüldenden Saal des Konzerthauses gegeben wurde. Da möchte man natürlich nicht undankbar sein, auch wenn es nicht die erhoffte Sternstunde wurde. Erhofft vielleicht, erwartet ehrlicherweise nicht wirklich. Herrn Boreyko kenne ich noch aus Hamburger Zeiten, als die Symphoniker sich unter seiner Stabführung auf dem Weg in die erste Liga noch ein gutes Stück von selbiger und dem Platz, den sie mittlerweile in meinem Herzen erobert haben, entfernt sahen. Das heutige Konzert bestätigt meinen damaligen Eindruck: Boreyko liefert ordentlich, aber eben nicht außerordentlich.

Zum einen liegen unsere Vorstellungen von Timing offenbar weit auseinander. So verpuffte beispielsweise der antizipierte Alpensinfonie-Höhepunkt im Violinkonzert, weil er verfrüht und seltsam hastig eintrat. Überhaupt kam das Bruchsche Stück vom Kuchen musikalischer Weltgeltung wenig opulent und schmackhaft daher, woran sicher auch der spröde Ton des Solisten seinen Anteil hatte. Zum anderen offenbarte gerade die Mahler-Sinfonie kaum eigene Handschrift, die Boreyko über das Gros braver Taktgeber erheben würde. Oder, um mal einen etwas gemeinen Vergleich anzustrengen: Breite Tempi allein machen noch keinen Tate.

Sicher, diese großartige Sinfonie ist nahezu unverwüstlich und beeindruckte und verzauberte auch heute wieder Kraft ihrer genialen Faktur – ich kann allerdings nicht vermelden, daß die Lesart des Dirigenten viel dazu beigetragen hätte. Für ein erstes Kennenlernen der Materie vielleicht in Ordnung, wenn man allerdings darum weiß, wohin es emotional führen kann, wenn zum Beispiel ein wenig mehr an den Kontrastreglern gedreht wird, bleibt ein Bodensatz Enttäuschung zurück.

Das Konzerthausorchester seinerseits konnte wenig in die Verbindung einbringen, das über solides Handwerk mit den üblichen kleineren Schwächen hinausgegangen wäre. So wollte angesichts eines eher matten, trockenen Streicherklanges kein wirklicher Adagietto-Schmelz aufkommen, überhaupt schienen mir Violinen und Co. in den übrigen Sätzen wenig präsent – vom Ausdruck her und auch rein akustisch. Alles in allem vom Orchester insgesamt jedoch schon eine brauchbare Darbietung, bei der eine weniger gedehnte, sondern eher knackige Herangehensweise dem herben Charme des Klangkörpers wahrscheinlich mehr entsprochen hätte.

Am Schluss noch ein Wort zu Bruch, der mir wie jedem anderen Kuschelklassik-Hörer einzig durch eben jenes Violinkonzert ein Begriff war, unter dessen Ausnahmebeliebtheit sein Erschaffer so gelitten haben soll. Falls dem Herrn Tonsetzer damit tatsächlich ein Unrecht widerfahren ist, sucht man die Belege dafür zumindest in seiner „Romanze“ vergeblich – ein besonders hübsches Beispiel gefälliger Harmlosigkeit. Von solcherlei Zugaben bitte in Zukunft absehen, dann doch lieber die obligatorische Bach-Sarabande. Schnarch.