13. April 2013

Der Kaiser von Atlantis – Dirk Erdelkamp.
MIR Gelsenkirchen, Kleines Haus.

19:00 Einführung, 19:30 Uhr, Parkett links, Reihe 3, Platz 62



Was ist Kunst dem Menschen in Ausweglosigkeit? Beziehungsweise dem Künstler? Existenzielle Äußerung des Menschseins in unmenschlicher Zeit? Triebfeder einer Existenz ohne Perspektive?

Im Laufe dieser gleichsam bedrückenden wie berührenden Aufführung drängte sich mir mehrfach der Gedanke auf, die Oper wäre damals tatsächlich in Theresienstadt zur Uraufführung gekommen – natürlich eine Utopie, wie die Utopie des Werkes an sich, die Läuterung des unmenschlichen Kriegs-Kaisers am Schluß. Welch eine Kraft wohnt dieser Fabel und den Umständen ihrer Entstehung doch inne. Diese Form der Radikalität in Bezug auf die Umstände der Entstehungszeit habe ich auf der Bühne noch nicht erlebt. Was am meisten dabei trifft, erschüttert, ist vielleicht nicht einmal die Düsternis des Sujets, sondern das Moment der Hoffnung, das Ullmann und Kien trotz der Hoffnungslosigkeit ihrer eigenen Situation daraus abzuleiten im Stande waren. Unfassbar.

Die Darbietung am Kleinen Haus des Gelsenkirchener Theaters ist an Intensität wohl kaum zu übertreffen. Das Zusammenwirken von Inszenierung sowie musikalischem und szenischem Ausdruck darf ohne Zweifel als Referenz gelten, vor allem auch durch die beispiellose Hingabe der Sängerdarsteller. Die besondere Erwähnung, daß die Begleitung durch ein weitgehend aus Laien bestehendes Jugendorchester erfolgte, erübrigt sich eigentlich angesichts der geleisteten Qualität und Spannung, unterstreicht jedoch andererseits die Leidenschaft, mit der das Projekt an diesem Haus angegangen und umgesetzt wurde.

Fazit: Die vollendete Umsetzung einer musikalischen Entdeckung, die Kraft ihrer parabelhaft zeitlosen Anklage wider Gewaltherrschaft und Krieg ein Repertoiredasein jenseits einer musikhistorischen Ausgrabung verdient hätte.


Viktor Ullmann – Der Kaiser von Atlantis
Musikalische Leitung – Dirk Erdelkamp
Inszenierung – Carsten Kirchmeier
Ausstattung – Helke Hasse
Licht – Andreas Gutzmer
Produktionsdramaturgie – Ulla Theißen

Kaiser Overall – Vasilios Manis
Der Lautsprecher – Claudius Muth
Der Tod – Kai Uwe Schöler
Harlekin – William Saetre
Ein Soldat – E. Mark Murphy
Bubikopf, ein Soldat – Tina Stegemann
Der Trommler – Anke Sieloff

Das MiR-Jugend-Orchester 2013